Export immaterieller Leistungen und Anlagenexport

Neben dem Export von Erzeugnissen in das sozialistische Wirt­schaftsgebiet (SW) und das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet (NSW) spielte auch der Export immaterieller Leistungen, d. h. Lizenzvergaben eine wesentliche Rolle. So entwickelte sich der Export immaterieller Leistungen von 698 TM Valutagegenwert (VGW) im Jahre 1981 über 3.283,9 TM VGW 1982 auf 2.362,6 TM VGW 1986 in das SW und von 104 T Valutamark 1985 auf 441 T Valutamark 1986 in das NSW.

Wie alle anderen  Erzeugnis­positionen wurden die Erlöse aus dem Export immaterieller Leistungen in den Jahresplänen der Kombinate und Kombinats­betriebe verankert und kontrolliert. So betrug die staatliche Auflage(STAL)  des WKS für  1987 0,4 Mio VM in das NSW und 1,5 Mio EM in das SW. Für 1990 lag die Planorientierung (staatliche Aufgabe, STAG) bei 0,5 Mio VM in das NSW und 2,5 Mio VGW in das SW.

Die Lizenzvergaben in das SW waren meist  Technologien, Rationalisierungsmittel und Sondermaschinen Diese Lizenzverga­ben resultierten zum größten Teil aus der direkten Zusammen­arbeit einzelner Kombinatsbetriebe mit Partnern in den RGW-Staaten bzw. aus der Arbeit der Arbeitsgruppen Werkzeuge im Rahmen der bilateralen Wirtschaftsausschüsse.

Beispiele für Lizenzvergaben in das SW waren:

VR Bulgarien:– Automatische Fertigungslinie zur Herstellung von Bohrfutterkörpern
– Automatische Montage von Zahn­kranzbohrfuttern
– Doppelringschlüsselfertigung
– Technologie Wendelbohrer
– Rundtischsondermaschine für Wendelbohrer
– Löteinrichtung für WendelbohrerAbstechautomat für Bohrer bis 8  mm
– Vorrichtungen für Schnellspannbohrfutter
UdSSR:– Verkettungseinrichtung für die Herstellung von Spiralbohrern
– Binderarmes Hartmetall
– Vakuumsinterofen für Hartmetall
– Steinbohrerfertigung 5 – 12 mm
– Reibschweißautomat RSA 20
VR Ungarn:– Automatische Abkantmaschine AAS 4
– Spiralbohrerscharfschleifmaschine SBU
– Drallwalzautomat
– Baukastensystem Ausbohrwerkzeuge
VR Polen:– Dreibackenbohrfutter (Kurzgewindefräsmaschine)
– Abstechautomat
ČSSR:– ICL-Hartstoffbeschichtung
– CVD-Mehrfachbeschichtung mit Kaltwandretorte
(beides nur Angebote 1989/90)
SR Rumänien:– CVD-Beschichtung von HM-Wende­schneidplatten einschließlich Anlagen­lieferung

In das NSW wurden neben Vorrichtungen zur Zangenherstellung an die Türkei (eine komplette Taktstraße zur Zangenfertigung war für 1990 in Verhandlung) insbesondere eine Lizenzvergabe über die „ICL -Technik (iron carbon layer)“ an die japanische Firma O- A-Machinery Corp. Tokyo im Jahre 1986 realisiert. Der Vertrags­abschluss erfolgte am 4. September 1985 mit einem Lizenzerlös von 441 TVM (Anlage 20). Die Lizenzvergabe umfasste die Lieferung der Techno­logie zum Abscheiden superharter IC-Schichten auf Stahl, Hartmetall und Keramik einschließlich der entsprechenden Anlage. Das Lizenzobjekt war mit insgesamt neun Patenten abge­sichert.  Für die gleiche Technologie interessierten sich auch die SR Rumänien und Firmen aus der BRD.

Eine besondere Form des Exports immaterieller Leistungen stellte der Anlagenexport dar. Die entsprechenden Verträge zum Aufbau u. a. von Werkzeugfabriken wurden vom VEB Rationalisierung des Werkzeugmaschinenbaues (Rawema) Karl-Marx-Stadt geschlos­sen, wobei der VEB WKS die Verfahrensträgerschaft mit folgenden Hauptaufgaben übernehmen musste:

  • Know-How-Dokumentation,
  • Ausbildung für Kunden,
  • Montage,
  • Probelauf,
  • Inbetriebsetzung mit Leistungsnachweis und
  • Technische Assistenz.

Am 22. Dezember 1982 schloss Rawema einen Vertrag über den Aufbau einer Handwerkzeugfabrik in Djerissa/Tunesien (Bild 29). Der VEB WKS verantwortete die Verfahrensträgerschaft bis zur Durch­führung des Produktionstrainings in den Teilobjekten. Das Sorti­ment umfasste Doppelmaul- und -ringschlüssel, Nüsse, Meißel und Kneifzangen, so dass auf Seiten des WKS der Stammbetrieb und der VEB Werkzeugfabrik  Radebeul mitarbeiteten.

Handwerkzeugfabrik in Djerissa/Tunesien (Quelle: Wikipedia)

Die Techno­logien reichten vom Materiallager bis zur Endmontage einschließlich Wärmebehandlung und Galvanik. Zur Erarbeitung der notwendigen Unterlagen wurde ab 1.1.1983 die Abteilung Tech­nologische Projektierung im FZWI gebildet. Da im Stammbetrieb Gesenke überwiegend mit Meisterpfaffen im Kalteinsenk­verfahren hergestellt wurden, mussten u. a. viele Gesenk­zeichnungen neu erstellt werden. Die Fabrik in Tunesien wurde 1983 fertiggestellt, ging aber wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragspartnern nicht in Dauerproduktion. Das angerufene Schiedsgericht in der Schweiz kam im Abschlussbericht der Föderativen Technischen Hochschule Lausanne vom 2.5.1990 zu keinem klaren Ergebnis. Infolge der deutschen Wiedervereinigung gab es keine abschließende Einigung zwischen den Vertragspartnern.

Im Jahre 1983 wurde über Rawema ein weiterer Vertrag über den Aufbau einer Handwerkzeugfabrik in Kuba geschlossen. Die Arbeiten wurden bis hin zum Rohbau der Hallen durchgeführt und dann abgebrochen.

Weitere Angebote wurden erarbeitet u. a. für Werkzeugfabriken in

  • Venezuela 1976
  • Irak 1978 (Ringschlüssel, Schraubendreher, Hämmer, Kellen, Spachteln, Zwingen, Zangen, Spezialhämmer, Rollgabelschlüssel, Schraubstöcke, Meißel, Stechbeitel, Gewindeschneidwerkzeuge)
  • Mexiko 1984 (Schneidwerkzeuge)
  • Iran 1989 (Sägenfertigung) sowie in
  • Malaysia, Nigeria, Nikaragua, Indonesien.

Für die auf dem Gebiet der Verfahrensträgerschaft erworbene Kompetenz des WKS/FZWI spricht die Tatsache, dass noch 1991 die Fa. Lasco, Coburg, hinsichtlich einer Zusammenarbeit beim Auf­bau einer Handwerkzeugfabrik im Iran anfragte.