Im folgenden Beitrag soll an einem typischen Beispiel der Ablauf einer Auftragsforschung im WKS dargestellt werden. In den Jahren 1982 – 1984 wurde im VEB Handwerkzeuge Steinbach-Hallenberg ein Kombinationshandwerkzeug für die Feuerwehr entwickelt. Das Werkzeug bestand aus einem Grundwerkzeug (Beil, Picke und Werkzeugschaft) und Zusatzwerkzeugen (Blechaufreisser, Brecheisen, Stichsäge und Mehrzweckschlüssel). Das gesamte Werkzeug war in einem tragbaren Lederfutteral gesichert und geschützt aufbewahrt und wog ca.2,6 kg. Es wurde erstmalig zur Leipziger Frühjahrsmesse 1984 ausgestellt.
Mitte der 80er Jahre erarbeiteten die Hauptabteilung Feuerwehr (HA) des Ministeriums des Inneren (MdI) und das Institut der Feuerwehr einen Forderungskatalog zur Entwicklung eines hydraulisch angetriebenen kombinierten Schneid-, Spreiz- und Hebegerätes für den Katastrophenschutz. Daraus formulierte die HA Feuerwehr eine Aufgabenstellung an den VEB WKS Schmalkalden. 1987 wurde im Forschungszentrum der Werkzeugindustrie (FZWI) ein Staatsplanthema eingeordnet. Das Pflichtenheft vom 30.10.1987 sah zunächst in A-Stufen die Entwicklung und Produktion des Werkzeugteiles im VEB WKS und die Entwicklung und Produktion des Hydraulikteiles im VEB Kombinat Orsta-Hydraulik (KOH) vor (Entwicklung im Unterauftrag des WKS).
Das A-Thema wurde als Staatsplanaufgabe von November 1987 bis November 1989 im FZWI bearbeitet. Zur Bearbeitung der Aufgabe wurde Ende 1987 ein Wirtschaftsvertrag zwischen dem MdI und dem WKS/FZWI abgeschlossen. Dieser Vertrag regelte die Rechte und Pflichten der Vertragspartner, die Teilnehmer an Verteidigungen, die Finanzierung, die Schutzrechtsarbeit sowie eventuelle materielle Verantwortlichkeiten (Vertragsstrafen).
In einer Beratung am 10.01.1989 im Haus der Ministerien der DDR war die Aufgabenstellung auf die Entwicklung eines kombinierten Schneid-Spreiz-Gerätes mit entsprechendem Zubehör und Prüfeinrichtung eingeengt worden, während über weitere spezielle Geräte (Spreizer, Heber etc.) erst im Anschluss an die Überführung des K-Themas entschieden werden sollte.
Gleichzeitig wurden die Anforderungen an das zu entwickelnde Werkzeug präzisiert und die grundlegenden Leistungsparameter festgelegt. Mit dem Gerät sollten folgende Arbeiten ausgeführt werden:
- Aufspreizen von Öffnungen in Fahrzeugen und Gebäuden zur Bergung und Rettung von Personen,
- Schneiden von Karosserieteilen etc. bis max.10 mm Durchmesser und Kabeln bis max. 100 mm Durchmesser und
- Ziehen von Fahrzeugteilen.
Als Orientierung diente das zum damaligen Zeitpunkt den Weltstand verkörpernde Rettungssystem LUCAS aus der BRD. Die Patentschriftenrecherche ergab Patentreinheit bezüglich des Schneidsystems, aber ggf. entgegenstehende Patente bei Spreizgeräten. Zur Ermittlung der Schneid- und Spreizkräfte wurden umfangreiche Berechnungen und Messungen (am Funktionsmuster) durchgeführt. Das entwickelte Werkzeug basierte auf dem Prinzip des Kniehebels. Die Erprobung des Funktionsmusters durch das Institut der Feuerwehr verlief positiv.
Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass die Forderungen des Auftraggebers erfüllt und teilweise übererfüllt wurden. Gleichzeitig wurde eine Technik-Information zu dem kombinierten Schneid-Spreiz-Gerät erarbeitet.
Der A-4-Abschlußbericht wurde termingerecht am 3.11.1989 fertiggestellt. In der Abschlussverteidigung am 29.11.1989 wurde sowohl für das WKS als auch für das KOH die Leistungsstufe A 4 bestätigt.
Hinsichtlich der Weiterbearbeitung des Produkts Problematik in K-Stufen lag bereits ein von beiden Vertragspartnern bestätigtes Pflichtenheft vor. Die Eröffnungsverteidigung sollte jedoch erst nach Klärung des Herstellerbetriebes durch den Generaldirektor (GD) des WKS stattfinden, da beim ursprünglich vorgesehenen Hersteller VEB Handwerkzeuge Steinbach-Hallenberg die entsprechenden Voraussetzungen fehlten.
Infolge der Auflösung des WKS im Mai 1990 mussten die Arbeiten eingestellt werden, obwohl bereits im Musterbau des FZWI bzw. dessen Nachfolger Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung (GFE) Messer für die Fa. Weber Hydraulik Güglingen (Baden-Württemberg) als Unterlieferant für das Rettungssystem produziert wurden. Durch die Fa. Herwig Bohrtechnik, Schmalkalden, erfolgte 2009 eine Weiterentwicklung der Schneidmesser in Kooperation mit der Fa. Weber Hydraulik. Durch den Einsatz von auswechselbaren Schneiden aus Spezialstahl mit TiN-Beschichtung kann sogar gehärteter Stahl geschnitten werden. Dieses neue Schneidmesser und das zugehörige Schneidgerät sind seit 2011 unter der Bezeichnung Team Gold erfolgreich auf dem Markt.